Eine E-Mail der BASFI macht fassungslos

20 Oktober 2015

Mehrere Anwohner und Vereinsmitglieder hatten sich an die BASFI gewandt, um ihr Änderungswünsche in die Planung einzubringen. Lange Zeit gab es keine Reaktion, am 19.10.2015 erhielten die Betroffenen jedoch ähnliche, scheinbar aus Textbausteinen zusammengesetzte Antworten.

Um es vorweg zu sagen: Die Antwort der BASFI macht viele Anwohner und Vereinsmitglieder fassungslos. Sie zeigt, dass die BASFI die Flüchtlingsunterkunft nur “von innen” plant, als befände sie sich auf einer Insel. Die Auswirkungen auf die Umwelt werden völlig ausgeblendet, den Bürgern hört sie überhaupt nicht zu.

Hier vier Beispiele:

1. Die BASFI schreibt zur Erschließung:

Darüber hinaus hätte eine Zuwegung über die Straße Große Horst einen unerwünschten Fahrzeugverkehr durch den östlichen Bereich der Anlage hindurch zur Folge. Zur Sicherheit der Bewohner in der öffentlichen Unterbringung wird angestrebt, den Fahrzeugverkehr innerhalb der Einrichtungen zu begrenzen.

Na das ist ja Klasse: Der Verkehr innerhalb der Einrichtung soll “zur Sicherheit der Bewohner” begrenzt werden und ist “unerwünscht”. Und was ist mit dem zusätzlichen Verkehr auf der unmittelbar angrenzenden Spielstraße Erna-Stahl-Ring: Der ist von den Anwohnern hinzunehmen. Die Sicherheit der dort häufig spielenden Kinder wird mit keinem Wort erwähnt.

Darüber hinaus lehnt die BASFI eine Änderung der Planung in Bezug auf die Erschließung mit den Argumenten hat, der Sitz der Verwaltung am Eingang zum Erna-Stahl-Ring diene der “optimalen Übersicht über die Einrichtung” und der “bestmöglichen Orientierung” der Besucher. Dadurch offenbart die BASFI, dass sie im Rahmen der Planung keine zweite Öffnung des Grundstücks möchte, um die Bewohner besser im Blick zu haben. Allein dieser Gedanke reicht aus, um bei uns größte Besorgnis zu erwecken. Denn die Stadt selbst betont durch diese Planung den Charakter eines „Lagers“ mit nur einem Zugang und offenbart, dass sie selbst mit Konflikten rechnet.

Und weshalb bei über 17 Mio. € Baukosten nicht ein Schild am zweiten Zugang zur Orientierung der Besucher ausreichen soll (gerne auch mehrsprachig), ist auch nicht so recht verständlich.

2. Die BASFI schreibt zum Betreiber:

Mit fördern & wohnen hat die Stadt einen langjährig erfahrenen Betreiber der geplanten Einrichtung beauftragt, der bereits in mehr als 80 Einrichtungen in unterschiedlichen Größen für öffentliche Unterbringung die Beratung und Betreuung sicherstellt sowie im Betrieb auch Ansprechpartner für Nachbarschaftskonflikte und die Integration in das Umfeld ist. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass dies in einem sehr hohen Maß – auch bei großen Einrichtungen – gelingt.

Man fragt sich, weshalb sich die BASFI die Welt schönredet. Oder ob sie das als „Brandbrief“ bekannt gewordene Schreiben der Leitungskräfte von fördern & wohnen vom 01.10.2015 schon wieder vergessen hat. Zur Erinnerung: Die Verfasser kritisieren darin, dass sämtliche bisherigen Standards bei der öffentlichen Unterbringung über Bord geworfen würden. Das störe den sozialen Frieden in den Unterkünften und senke dramatisch die Akzeptanz der Unterkünfte und ihrer Nutzer. Die Sozialverträglichkeit einer solchen Unterbringung sei weder nach innen noch nach außen gegeben.

3. Die BASFI schreibt zur Stellplatzsituation:

Wie in der Bürgerinformation aber auch bereits zum Ausdruck gebracht, produziert die Wohneinrichtung nur geringfügig zusätzlich motorisierten Fahrzeugverkehr, so dass das Gebiet um die Einrichtung herum sich nur auf eine geringe Mehrbelastung einstellen muss. Auf Anregung der Nachbarn bei der Bürgerinformation wurde die Anzahl der Stellplätze von 15 auf 11 reduziert.

Die Nachbarn haben sowohl auf der Informationsveranstaltung als auch im Folgenden vor allem darauf hingewiesen, dass 15 Stellplätze nicht ausreichen. Dies wurde auch begründet: So hat z.B. das OVG Hamburg in der Entscheidung 28.05.2015 (Az. 2 Bs 23/15, Sophienterrassen) ausgeführt: „Es entspricht einer allgemeinen Erfahrungstatsache, dass eine große Flüchtlingsunterkunft mit einer entsprechend hohen Belegungszahl typischerweise einen verstärkten Ziel- und Quellverkehr auslöst, der die Verkehrsbelastung im Wohngebiet spürbar erhöht.“ Dementsprechend hat das OVG Hamburg auf eine Entscheidung des VGH München Bezug genommen, wo für eine Erstunterkunft ein Stellplatzschlüssel von einem Stellplatz je zehn Betten zugrunde gelegt wurde. Wendet man diesen Schlüssel auf die Am Anzuchtgarten geplante Flüchtlingsunterkunft an, wären 83 Stellplätze erforderlich: 13 für die Mitarbeiter von fördern & wohnen und 70 für Bewohner und Besucher.

Deshalb haben mehrere Anwohner eine Erhöhung der Anzahl der Stellplätze gefordert – bekommen haben sie jetzt eine Verringerung um ca. 25 %. Ganz zu schweigen davon, dass nunmehr sämtliche Mitarbeiter, Bewohner und Besucher, die keinen Stellplatz haben, auf der Spielstraße Erna-Stahl-Ring parken werden.

Selbst wenn man sich bemüht, die Kritik so objektiv wie möglich zu halten, wird man der BASFI insofern zumindest selektive Wahrnehmung und eine Verkennung der obergerichtlichen Rechtsprechung vorzuwerfen haben.

4. Die BASFI schreibt zur Öffnung des Friedhofs:

Eine Öffnung des Fußgängerverkehrs über den Friedhof ist nicht möglich, da Störungen von Trauergästen, die sich während der Betriebszeiten der Feierhalle (werktäglich von 9-18, samstags bis 15 Uhr) an der Zufahrtstrasse aufhalten, vermieden werden müssen.

Man kann nur vermuten, dass der Friedhof Ohlsdorf, welchem die Fläche Am Anzuchtgarten zunächst gehörte, hier gut verhandelt und sich im Vorwege abgesichert hat. Wir respektieren selbstverständlich auch die Trauernden und die Totenruhe auf dem Friedhof, müssen aber laut und deutlich fragen: Was ist mit den Interessen der Anwohner? Warum zählen diese gar nicht?

Eine ordnungsgemäße Interessenabwägung sieht anders aus.